Diese Kolschitzky-Legende ist zwar eine schöne Geschichte, wurde inzwischen aber von Karl Teply wissenschaftlich widerlegt. Kolschitzky (richtig wäre eigentlich die Schreibweise mit T -> Koltschitzky) kommt eine andere “Erfindung” zu - siehe weiter unten.
Vielmehr ist es 1685 so gewesen, dass Kaiser Leopold I. Johannes Deodat (Diodato / Theodat) - dem armenisch-stämmigen Handelsmann, lebend in Wien - auf 20 Jahre das alleinige Recht gab, Kaffee auszuschenken. Dieses erste “Wiener Kaffeehaus” befand sich im Wohnhaus Deodats, dem Hachenbergischen Haus auf dem sogenannten Haarmarkt (heute Rotenturmstraße 14).
Bald folgte dann ein zweites Café, das Café Rebhuhn - von Isaac de Luca, ebenfalls ein Armenier, betrieben. Zuerst mochten die Wiener dieses schwarze Getränk nicht. Es war ihnen zu bitter und muffig und erinnerte sie an Russ, Asche und Sand. Nicht verwunderlich, aufgrund der vielen Partikel, die im Kaffee schwommen! ;)
Und jetzt kommt Koltschitzky wieder ins Spiel:
Angeblich war es der findige Kolschitzky der den Kaffee abseihte (also das Kaffeemehl und die Bohnen-Reste entfernte) und mit Milch und Honig “verlängert” und gesüßt hat. Der Weg zur Wiener Melange war geboren (offiziell gab es sie dann ab 1830, also ein paar Jahre, nachdem halb Europa den Wiener Kongress besucht, getanzt und Kaffee getrunken und den mit Furore in die Welt getragen hat).
Ab diesem Zeitpunkt wurde Kaffee zum modernen Lieblingsgetränk der Österreicher. Bis zur Wiener Weltausstellung 1873 sprossen die Kaffeehäuser nur so aus dem Boden wie Schwammerl - vor allem die Wiener liebten einfach ihren Kaffee und die Kaffeehäuser. Und so hat die Weltausstellung einiges zum Ruhm der "Wiener Kaffeehauskultur" beigetragen, der bis heute anhält. Und auch die Tradition, Wasser zum Kaffee zu reichen.
Seit dem hat sich - Gott-sei-Dank ;) - Vieles in Sachen Kaffee-Anbau, -Röstung & -Zubereitung getan. Als Österreicher sollte man jedenfalls wissen, dass folgende 3 Spezialitäten in Wiener Kaffeehäusern erfunden worden sind:
Kulturelle Veränderungen durch Kaffeehäuser: der Kaffee ersetzt Bier und die Morgensuppe
Mit den Kaffeehäusern verändert sich auch der Alltag der Menschen in Europa.
Bis zum 18. Jahrhundert nahm die typische österreichische Bevölkerung die "Morgensuppe", die oftmals aus sehr verdünntem Bier bestand, als Frühstück zu sich. Zunächst war Kaffee nur in Apotheken erhältlich und - auch aufgrund des Preises - vorwiegend dem Adel vorbehalten. Die entstehende Kaffeehauskultur ermöglichte der "breiten Masse" den Zugang zu diesem sagenumwobenen Getränk. Der Kaffee rang der Biersuppe nach und nach den Rang als "Frühstücksgetränk" ab. Das abgekochte Wasser im Kaffee sorgte für eine verlässliche Hygiene, die der Gesundheit sehr zuträglich war (davor konnte nur die Gärung des Biers/Weins für die verlässliche Vernichtung von Keimen, Bakterien, etc. sorgen).
Somit verbannte der Kaffee den morgendlichen Alkoholkonsum der Menschen. Die Arbeiter wurden wachsamer und tüchtiger und Kaffee wurde zum "Verbündeten" bei der Arbeit. Auch konnte Kaffee nun vorgeröstet gekauft werden - ein umständliches Rösten daheim auf der Herdplatte (das oft mit verbrannten Bohnen endete) erübrigte sich zusehends.
In den Kaffeehäusern trafen sich neben Intellektuellen Künstlern auch Kaufleute. Es wurden Geschichten erzählt, Geschäfte gemacht, Gedichte und Bücher verfasst, und schließlich auch Geschichte geschrieben.
Auch setzten die Wiener Kaffeehäuser einige Standards bzw. initiierten Entwicklungen, die heute noch - nicht nur bei Kaffeeliebhabern - hoch im Kurs stehen. Es entstanden architektonische Neuheiten, die die Kaffeehausgäste in den Mittelpunkt rückten. Es entwickelte sich z. B. eine innenarchitektische Hochkultur rund um die Kaffeehaus-Einrichtungen und -Stühle als interessante Designerstücke. Die Erfolgsgeschichte der talentierten Gebrüder Thonet sind ein schönes Leitbild für diese Zeit, die bis in die Gegenwart reicht.
Auch das Phänomen der Gratis-Zeitungen, von Spielen, Billardtischen sowie das berühmte Glas Wasser fanden in Wien ihren Ursprung.
Man sieht also: Österreich ist allen Unkrenrufen zum Trotz ein erfindungsreiches Land. Als bescheidener Österreicher vergisst man das manchmal und stellt das Licht unter den Scheffel. Die Kaffeehaustradition zeigt, dass das nicht immer vonnöten ist 😉.
In diesem Sinne: genießt ihn, Euren Kaffee und bleibt erfinderisch!
Euer Kaffeeliebhaber Patrick Schönberger, Euer Kaffeegreissler
*PS: Georg Franz Koltschitzky schreibt sich tatsächlich mit diesem “Binnen-T”. Der Name Kolczycki / Kulczycky wurde vom Polnischen ins Deutsche bzw. Wienerische übersetzt und im Sprachgebrauch das T mehr und mehr verschluckt. Daher sieht man heute oft die Schreibweise “Kolschitzky”.