Kapitel 4/8: R – Recherche, räumen und rumoren

Autorin: Sonja Schönberger
Forstsetzung der Festschrift - hier geht’s Teil 3: P - Patrick, ein eigenes Kapitel ...

Zwei Jahre nach dem Soft-Opening stellt sich heraus, dass diese erste Zeit eine einzige Lernphase war. Auch heute, längst nachdem wir in Echtbetrieb gegangen sind, lernen wir beinah täglich etwas Neues dazu. Und das ist gut. Schließlich wollen wir besser werden.

Recherche ist dabei nach wie vor ein großes Thema: Ständig sind wir auf der Suche nach verlässlichen Handwerkern, nach zuverlässigen Kaffee- und Barista-Zubehör-Lieferanten. Denn zu uns kommt man wegen des Kaffees und der Maschinen – Gott sei Dank! – nicht wegen der Mehlspeisen. Will man ein großes Tortenstück, geht man wo anders hin. Und das ist richtig so. Wir sind ein Espresso-Greissler, kein typisches Kaffeehaus. Viele Menschen wollen einen tollen Kaffee und vielleicht dazu was kleines Süßes. Unsere vielen Experimente der ersten Jahre – mit normalen Torten, Toasts, Foccacias, Waffeln, Brownies, Petit Fours etc. – scheitern. Schließlich kommen wir zur Erkenntnis: Wir bieten maximal ein kleines Frühstück an. Den Rest des Tages gibt es – wie eben in anderen typischen 3rd-wave-Cafés auch – Gebäck wie Croissants, Zimtknoten, Topfengolatschen, die wunderbaren Amaretti (Christine,Bröselkeks) und die sündige Veronika-Fischer-Bitterschokoladentorte. Fertig. Alles andere funktioniert bei uns nicht, auch weil unsere kleine Kaffeeschenken-Küche dafür nicht ausgerüstet ist. Es gibt in der direkten Nachbarschaft viele gute „Speiselokale“. Die können gut kochen. Wir können gut Kaffee machen. Ganz gemäß dem Motto: Schneider bleib bei deinem Leisten. Die Entscheidung hilft auch, das ewige Platzproblem besser in den Griff zu bekommen.

Filme, Führungen und andere Begebenheiten

Auf der Wiedner Hauptstraße stammen noch ein paar Geschäftsportale aus den frühen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts. Daher sieht man hier ab und an Gruppen von TU-Architekturstudenten kleine Besichtigungstouren absolvieren. Unser Kaffeegreissler-Café ist dabei ein Fixpunkt. Zurecht finden wir – schließlich hat Otto Hofman, wie zu Anfang erwähnt, hier eine kleine Meisterleistung vollbracht. Jährlich findet im Herbst der Tag des Denkmals statt. 2019 sind wir sogar fixer Bestandteil der an diesem Tag stattfindenden Tour: Zwei Architekturstudentinnen hatten dafür alle möglichen Infos zusammengetragen, Handouts zusammengestellt und sogar ein Suchbild- und Kreuzworträtsel erstellt. Die Kinder lieben sie. Bis heute verteilen wir die Rätsel, wenn Familien mit Kindern zu Gast sind und die Kleinen beginnen, sich zu langweilen.

Diese „Reisegruppen“ wie wir sie nennen, haben auch schon zum einen oder anderen Schabernack zwischen uns Geschäftstreibenden geführt. Einmal testet Rahmenkabinett-Besitzer Norbert, wie rasch ein Gerücht die Runde macht. Am Vormittag erzählt er einer bekannten Passantin: „Schau, die kommen, um alles zu besprechen für den Verkauf des 40er-Hauses“ (also das Haus, in dem wir eingemietet sind). Bereits am Nachmittag hält sich fest das Gerücht, dass hier bald neu gebaut werden wird. Ein andermal erlaubt sich einer einen Scherz und erzählt, dass eine Gruppe gekommen sei, um Maß zu nehmen. Denn es gibt den Plan – ähnlich wie in Hallstatt den Ortsteil in China nachzubauen. Auch das macht schnell die Runde. So mancher Wiedner glaubt es sofort. Denn man ist der Meinung, dass die schöne Wieden nicht minder idyllisch sei als die Kulisse von Hallstatt 😉 Bekanntermaßen liegt Schönheit im Auge des Betrachters …

 

Auch trifft man hier ab und an auf Film-Crews: Denn unser Kaffeegreissler-Café ist begehrte Kulisse für den einen oder anderen TV-Beitrag (Stichwort: Tag des Kaffees am 1. Oktober), kleine Werbefilmchen oder auch Interviews. Und natürlich nutzen wir dieses wunderbare Ambiente auch gerne selbst, wenn Patrick sich wieder zur Verfügung stellt, einen launigen Video-Kommentar abzugeben: Vom Greisslersterben über Nachbarschaftsinfos hin zu Wahlen oder Verkehrssituation ist alles dabei. Und natürlich auch Kaffee! Einzig und allein das Tatort-Team konnte sich nicht durchringen, hier zu drehen. Diagnose: „Zu klein – wir können uns hier mit dem TV-Team nicht ausreichend bewegen“. Ja das können wir gut verstehen – schließlich steigen wir uns selbst oft genug auf die Zehen, wenn mehr als zwei Personen hinter der Theke hantieren. Zum Trost bekommt Patrick eine schöne Autogrammkarte von Harald Krassnitzer. Auf die von „Bibi“ – also Adele Neuhauser – warten wir noch, die hätte er nämlich auch gerne …

Von freiwilligen und unfreiwilligen Neuerungen und Baustellen

A)  Unfreiwillige Neuerungen hatten wir einige seit der Eröffnung: von kaputten Kühl- und Gefrierschränken, Geschirrspüler-Reparaturen, Wasserschäden und durchgesessenen Möbeln, zerbrochenem Geschirr und defekten Kaffeemaschinen, zersprungenen Glasscheiben, Vandalismus im Schanigarten oder der Auslage können wir ein Lied singen. Natürlich gibt es die Materialermüdung, die man einkalkulieren muss. Allerdings kommen solche unvorhergesehenen Neuerungen – wie immer – zur ungünstigsten Zeit und hinterlassen ein riesiges Loch in der Kassa.

Dazu kommt, dass verlässliche Handwerker in Wien ein eigenes Kapitel sind.
Wir haben im Laufe der letzten zehn Jahre diesbezügliches Einiges erlebt:

·         Manche Handwerker kommen, nehmen Maß, investieren Zeit und wenn es zum Auftrag kam, tauchten sie nicht mehr auf.

·         Es ist auch mehr als einmal passiert, dass wir umsonst zum vereinbarten Termin gewartet haben.

·         Der Gipfel der Ineffizienz ist aber: Sie beginnen die Baustelle. Mittendrin kommen sie dann einfach nicht wieder. Da stehst du da wie ein armer Tropf. Und die Handwerker-Recherche und Beauftragung beginnt von neuem.

Das Motto lautet also: Hat man verlässliche Handwerker gefunden, lässt man sie bestenfalls nie wieder gehen.

Patrick und ich haben inzwischen beinah „philosophische Ansätze“ und auch bildungspolitische: Wir sind uns bezüglich des Bildungswesens in Österreich einig, dass jeder Maturant oder Student idealer-weise zusätzlich eine Lehre absolvieren sollte. Das würde unserer Einschätzung nach mehrfach helfen:

1.      Man kann sich selbst helfen. Effekt: Weniger Wartezeiten & Kosten.

2.      Das Handwerker-Angebot wäre wesentlich größer.

3.      Praktisches Wissen wäre in jeder Ausbildung gleichwertig mit Theorie gestellt.

4.      Weniger Abhängigkeit, mehr Selbständigkeit!

 

B)   2016: Registrierkassa-Pflicht

Es kam nicht ganz überraschend, aber dann doch mit ein bisschen Bauchweh, denn unser damaliger Kassen-App-Anbieter war nicht zu 100 % auf sämtliche Vorgaben vorbereitet, wie er hätte sein sollen. Das gab bei der Einführung dann einige Wartezeiten im Café. Später haben wir dann aber zu Ready2Order gewechselt und sind bis heute ganz gut mit diesem System gefahren, da es auch die Warenwirtschaft ermöglicht.

Tatsächlich wurden 2016 mancher unserer Kunden stichprobenartig beim Verlassen des Cafés geprüft, ob sie einen Beleg vorweisen konnten. War alles korrekt, aber für unsere Kunden dennoch ärgerlich. Daher gab’s eine Zeit lang vor der Türe die sogenannte „Beleg-Tonne“ – wo erzürnte Kunden nach der Prüfung ihre Papierl reinschmeißen konnten. Es hilft, sich so kleine Ventile zu schaffen – das sorgt auf der einen Seite für Belustigung, auf der anderen Seite befreit es ungemein 😉

C)   Die unfreiwilligste Neuerung war bis dato sicherlich unser Lieferauto!

An einem Sonntagmorgen im November 2023 erreichen uns gleich ganz in der Früh einige Anrufe: Ob wir in der Nähe des Cafés seien? Jemand hatte einen Unfall mit unserem Kangoo. Als wir ankommen, trauen wir unseren Augen nicht. Aus dem gegenüberliegenden Parkhaus ist ein älterer Herr mit seinem SUV mit voller Wucht direkt gegen unser Auto gefahren. Totalschaden.

Er hatte unheimliches Glück: Normalerweise kreuzen sehr viele Passanten den Gehsteig hier und es müssen mehr als ein Schutzengel unterwegs gewesen sein, denn auf wundersame Weise bekamen nur unser Auto sowie die Mauer unseres Lagers ordentlich was ab. Alles andere blieb heil und niemand wurde verletzt.

Wir sind dennoch unter Schock: Es ist Vor-Weihnachtszeit, es stehen viele Lieferungen an und auf die Schnelle ist kein Lieferauto-Ersatz zu bekommen. Außerdem hatten wir dieses französische Charakterfahrzeug – das wir liebevoll „Black Pearl“ nannten (siehe „Pirates of the Caribbean“) – tatsächlich ins Herz geschlossen. Es hätte noch ein paar Jahre gute Dienste geleistet! Aber es hilft nichts: Es ist ja nur ein Auto.

Viele nervenaufreibende Recherchen, Telefonate und Finanzierungsangebote später haben wir einen neuen Fiskal-LKW: Ende Dezember können wir wieder rund um die Uhr liefern. Das ist die Hauptsache.

Aber: Hässlich ist der neue. Weiß und fade. Sieht aus wie jedes andere Lieferauto auch. Zum Glück hilft uns der von uns so sehr geschätzte Chili mit seiner Kreativität und überlegt sich ein außergewöhnliches Design. Das führt sogar dazu, dass manche Passanten stehen bleiben, um die Details am Auto zu betrachten 😉

Nachdem wir kein Werbebudget haben, entscheiden wir uns für ein Wunschkennzeichen: COFFE1. Ein „bold-move“, der die Augen der Straßenteilnehmer regelmäßig aufsehen lässt. Das muss als Werbung reichen – mehr gibt’s nicht.

D) Freiwillig wollten wir hingegen unseren Schanigarten ändern. Der war in den Anfängen einfach nicht optimal. Wir waren überzeugt, der kleine Platz, den wir draußen benutzen dürfen, könnte klüger genutzt werden. Bis dato standen da noch immer die von Naber geerbten grauen Sessel, die superbequem sind. Aber sie lassen nur wenig Platz für Passanten und so mancher Gast muss stehen. Also fragen wir mal wieder herum, ob jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der einen Schanigarten planen und vor allem auch umsetzen kann. Einen verlässlichen Schlosser also. Einen Profi, der auch wirklich kommt und nicht nur sagt: „Ja da schau ich demnächst mal vorbei“ und dann doch nie auftaucht. Unsere liebgewonnene „Küchenbauer-Expertin“ Melitta weiß jemanden: für solche Fälle ruft man am besten den Flo/DieAbteilung an. Gesagt, getan. Und Flo erweist sich als Glücksgriff. Mit beinah stoischer Ruhe zeichnet er uns sage und schreibe 12 (!) Schanigarten Entwürfe, bis der letzte dann endlich von allen Ämtern für gut und bewilligungswürdig eingestuft wird. Dann baut er gemeinsam mit seinem Team die Hochbank und die Tische sowie die Sessel selbst und alles passt und sitzt. Bis heute. Handwerk, wie es sein soll!

Die Bank hat heute einen wunderbaren Nahversorger-Nebeneffekt: Wenn wir geschlossen haben (Sonn- und Feiertage), dann wird sie von Passanten als öffentliche Parkbank genutzt. Ein schöner Rastplatz im Grätzl 😉

E) Freiwillig blieben wir auch der Tradition der jährlichen internen Baustelle treu: Wir hatten uns ja zu Beginn vorgenommen, jedes Jahr eine gröbere Neuerung Einzug halten zu lassen – damit dann irgendwann mal alles so saniert ist, dass man sagen kann: Es ist state of the art. So kamen

·         2016 ein neuer, durchgängiger und gelenkschonender Fußboden-Belag

·         2017 eine Küchenzeile aus Edelstahl

·         2018 neue Kühlschränke und Lukas – ebenfalls ein Bekannter von Melitta – erledigt mit seinem Team die Sanierung bzw. Ergänzung der indirekten Café-Beleuchtung

·         2019 baute Melittas Mann Kurt eine langlebige Sitzbank

·         2020 eine Schellack-Politur für die Theke

·         2021 ein neues WC

·         2022 kommt ein neuer Gastro-Geschirrspüler – das ist wahrscheinlich das teuerste Gerät, das wir jemals angeschafft haben – natürlich abgesehen vom großen Gastro-Siebträger 😉

·         2023: einige Tischlerreparaturen wurden durchgeführt sowie neue Wasserhähne installiert

·         2024 wurde die Komplett-Erneuerung der Elektrik erledigt.

·         2025 folgen gleich zwei große „Projekte“:

1. Wir wussten seit 2023, dass sich unsere Espresso-Siebträgermaschine Black Eagle früher oder später verabschieden wird. Sie hat uns zehn Jahre lang treu gedient, aber zeigte mit regelmäßigen „Spompanadeln“, dass sie bald in Pension gehen möchte.
Anders als andere „3rd-wave-Kaffee-Buden“
gehen wir unsere Kaffeemaschine mit dem Maßband einkaufen. Denn durch die denkmalgeschützte Schank sind wir platzmäßig beschränkt. Viele interessante Gastro-Kaffeemaschinen kommen daher gleich gar nicht in die nähere Auswahl - sie haben Dimensionen, die einen Durchbruch zum Nachbarn notwendig machen würden 😉.

Schließlich entscheiden wir uns im Februar  für eine SLAYER Steam SP. Sie ist keinesfalls die günstigste Variante – die Modelle kosten zwischen 15.000 – 25.000 Euro. Aber: Wir haben nur EIN Haupt-Produkt: Kaffee. Daher muss die Qualität einfach passen. Im April ist es dann soweit und sie trifft ein – beinah prozessions-gleich kommt das gesamte Team zusammen und bewundert das gute neue Stück. Denn sie erfüllt tatsächlich alle Barista-Wünsche. Wir lieben sie!

2. Seit Übernahme des Kaffeegreisslers war uns klar, dass auch die Markise früher oder später eine Überholung braucht. Wir warten dafür geduldig das Ende der großen Baustelle auf der Wiedner Hauptstraße ab. Im Oktober 2024 ist es dann soweit: Der Abschluss der Straßenerneuerung sind abzusehen und wir leiteten die ersten Schritte ein: Markisen-Profi Zagrobelny begutachtet die alte, von Wind und Wetter geplagte Markise. Wir bekommen die erfreuliche Nachricht, dass der Rahmen noch völlig in Ordnung sei – er benötigt nur einen „Service“ (Ölen, Adjustierung, etc.). Damit brauchen wir also nicht das gesamte Gestell neu anschaffen, sondern neben der Rahmenwartung „nur“ eine neue Stoff-Bahn bezahlen.
Mit allen Fakten „aufmagaziniert“ melden wir das Vorhaben (ja, Formulare! 😉) bei unserer Ansprechpartnerin im Bundesdenkmal an. Im März 2025 kommt dann das GO und wir suchen – gemeinsam mit den Profi-Augen vom befreundeten Architekten Heiss – einen passenden Markisenstoff aus. Schließlich soll er mit dem gelben, denkmalgeschützten Fliesenportal ideal harmonieren.

F) Die Schank-Erneuerung

Den Vogel aller Neuerungen schoss 2022 die Theken-Baustelle ab. Wir wussten, dass das Innenleben der Siebträger-Schank – das ebenfalls aus 1950 stammte – früher oder später vom Amt beanstandet werden würde. Es war zwar aus Vollholz – so wie man es heute gar nicht mehr bekommt – aber natürlich hat es mit den 70 Jahren am Buckel einiges erlitten. Und das konnte man auch sehen 😉. Nachdem dieses Podest natürlich das Herzstück der Kaffeezubereitung ist, hatten wir die Umsetzung lange vorher detailliert durchgeplant. Mit dem sachkundigen Tischler Fritz, der auf Antiquitäten spezialisiert war. Der Plan:

1.      Er baut die denkmalgeschützte Theke ab, das alte Holz im Inneren wird abgetragen.

2.      Anschließend setzt ein Schank-Produzent das geplante Innenleben aus Edelstahl darauf.

3.      Danach ummantelt Tischler Fritz diese wieder mit der denkmalgeschützte Hülle.

Wir waren alle etwas nervös, denn keiner wusste, was uns unter diesem Podest erwartet: Es gab keine Information zum Aufbau - seit 1950 hatte den Innenaufbau niemand mehr gesehen. Die Unterlagen gingen verloren. Aber unser Tischler war zuversichtlich. Er macht das schon. Und dann passiert das unfassbar Schreckliche: Drei Wochen vor der konkreten Umsetzung, verstirbt Fritz völlig unerwartet. Wir waren fassungslos. Fritz, der ein so dynamischer Mann voller Energie und Tatendrang und gleichzeitig Nachbar an unserer Heimatadresse ist, wurde so plötzlich mitten aus dem Leben gerissen. Schockstarre, Trauer. Wir wissen aber: Irgendwie muss es weiter gehen – zumindest mit der Theke, deren Innenausstattung aus Edelstahl ja bereits beim Schankbauer in Auftrag gegeben wurde.

Nachdem wir keinen Ersatz-Tischler finden, der sich so kurzfristig über dieses Projekt traut, fragten wir abermals Flo/DieAbteilung, ob er eventuell einspringen und uns aus der Patsche helfen kann. Denn inzwischen war klar: Flo und sein Team können alles. Er kam, sah sich die Sache an und sagte kurzerhand zu. Wir waren so erleichtert! So kam diese wirklich traurige Angelegenheit zumindest in würdige Hände und wir können – bis heute – Tischler Fritz ein stilles Denkmal setzen.

Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte.
Flo kommt also mit seinem Team und sie bauen in kürzester Zeit die alte Theke ab. Wir alle sind positiv überrascht über die Handwerkerqualität aus den 1950er Jahren: Das Innere des Podests ist in unfassbar gutem Zustand. Alles Vollholz und gut gebaut. Kein Schaden und alles sauber und trocken. Heute muss man solche Arbeit suchen. Allerdings – jetzt kommts: Nachdem ich dem Schankbauer schriftlich grünes Licht gebe, dass alles vorbereitet ist und er in zwei Tagen kommen kann, höre ich: nichts. Er meldet sich nicht zurück.

Ungewöhnlich! Normalerweise reagierte er innerhalb von zwei bis drei Stunden - also wirklich zuverlässig. Nächsten Vormittag ruft mich der Verkäufer an und sagt:
„Uns ist ein riesiges Hoppala passiert. Es wurde zwar bei der Beauftragung das richtige Lieferdatum – also morgen – eingegeben, aber in der Produktionsabteilung gab es wohl einen Zahlendreher und man hat dort erst in einem Monat die Lieferung geplant.“ 

Wir bekommen einen winzigen „Panik-Anfall“: Einen Monat keine Theke. Das geht gar nicht! Wir leben vom „Offen-Haben“! Jeder geschlossene Tag reißt ein „Loch in die Kassa“. Was tun?

Der Schankbauer meint, er meldet sich so schnell es geht wieder. Nur eine Stunde später hat er folgende Lösung: Über Nacht baut deren Produktionsabteilung ein Provisorium, das sie tags darauf einbauen. Diese Lösung nehmen wir natürlich dankbar an!

In weiterer Folge wird die ursprünglich bestellte Theken-Lösung produziert und geliefert.

Beim Einbau dann das nächste Hoppala:
Der Architekt Otto Hofmann hatte die Theke damals konisch geplant – ihre Tiefe wird nach unten hin schmäler. Der Schankbauer hatte das beim Abmessen übersehen und alles rechteckig geplant. So wurde dann auch gefertigt und geliefert. Passte natürlich nicht in die konische, denkmalgeschützte Hülle und musste nochmals ausgetauscht werden. Schließlich haben wir dann vier Monate später diese Baustelle endlich abschließen können – rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft.

Heute lachen wir darüber!
Damals waren wir allerdings allesamt recht unrund, um es höflich auszudrücken. Mit Provisorien zu arbeiten macht nur eine Zeit lang Spaß. Bei Leerlauf kann man sich vielleicht länger damit anfreunden, aber bei „voller Hütte“, wenn die Handgriffe sitzen und auf engstem Raum rasch ablaufen müssen, dann kann es schon schwierig sein, mit Hilfskonstrukten zu arbeiten.

Jedenfalls hat uns auch in dieser Zeit der Humor hinweggeholfen. Wir wussten, es wird ein gutes Ende haben und warum sollte man dann länger damit hadern, als nötig. Schließlich wollen wir gute Stimmung und zufriedene Gäste und ich behaupte heute: Wir haben das damals ganz gut kaschiert und hinbekommen!

Baustellen- und Reparatur-Blick in die Zukunft:
Wir gehen davon aus, dass die jährliche Baustellen-Tradition auch künftig Bestand haben wird. Schließlich wird hier intensiv gearbeitet – ein Gastro-Betrieb hinterlässt natürlich Spuren. Da geht schon mal was zu Bruch oder müdes Material oder in die Jahre gekommene Geräte müssen ersetzt werden.

Da die Basis der Café-Ausstattung schön gealtertes, europäisches Nuss-Holz ist, hilft uns das wunderbare Team der benachbarten Tischlerei „Die Strömung“, die auch für so winzige Arbeiten offen ist und ein Herz hat. Dafür sind wir enorm dankbar!

Und natürlich gibt es immer wieder die eine oder andere Idee, wie wir den winzigen Platz, den wir hier zur Verfügung haben, noch optimaler nutzen können 😉

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