Offset-Temperatur-Messungen gibt es ja für viele Geräte - wie beispielsweise bei Kühlgeräten, Routern, Heizungen, etc. Und so gibt sie sie natürlich auch bei Kaffeemaschinen. Insbesondere bei Siebträgern tauscht sich die Kaffeeliebhaber-Community gerne zur Temperatur aus. Und das mit gespaltenen Meinungen. Die einen meinen, es ist essenziell die Offset-Temperatur eines Geräts zu wissen. Und die anderen, dass es im Endeffekt unwichtig ist, weil einzig und allein der Geschmack zählt. Wer mich ein bisschen kennt weiß: ich zähle zu zweiteren. Weiter unten im Text erkläre ich, warum. Zuerst aber mal eine Definition der Offset-Temperatur bei Kaffeemaschinen - was ist das?

Was versteht man bei Siebträgern unter Offset-Temperatur?

Ich schicke voraus: Offset-Temperaturen kann man nur bei Siebträgern messen, die eine PID-Temperatursteuerung haben.

Als Offset bezeichnet man dabei die Differenz zwischen der Temperatur im Kessel und der Brühgruppe. Diese Messgröße ist also eine Zahl, die den Temperaturverlust des Wassers auf dem Weg vom Kessel in die Brühgruppe angibt.

Wie kann man die Offset-Temperatur messen?

Mit herkömmlichen Thermometern lässt sich die Offset-Temperatur nur ungenau messen. Es braucht dafür - surprise, surprise - ein eigenes Gerät, das - es lebe der wirtschaftliche Gedanke der findigen Zubehörindustrie ;) - natürlich teuer ist: Man muss hier mit etwa EUR 1000,- rechnen. Der Name des “Gadgets” ist so vielversprechend wie das Weltall: Es nennt sich “Scace Thermofilter Hochpräzisionsmessgerät”.

Mitreden in der Kaffeeliebhaber-Community kann also nur, wer auch viel Geld in die Hand nimmt und seine ganz persönliche Offset-Temperatur seines Siebträgers jederzeit feststellen kann.

Ist dIE Offset-TEmperatur bei allen Kaffeemaschinen gleich groß?

Grundsätzlich kann man sagen: Bei teureren Siebträgern bewegt sich die Offset-Temperatur bei rund 2 Grad. Ich denke, es ist vertretbar, dass das Wasser auf dem Weg vom Kessel in die Brühgruppe 2 Grad verliert. Damit kann man gut kalkulieren, wenn man schöne Bohnen für die perfekte Brühung vorbereitet. Bei kleineren bzw. älteren oder auch billigen Geräten kann diese Schwankungsbreite schon mal 10 bis 15 Grad ausmachen. Das ist natürlich insofern suboptimal, weil man dadurch

a) mehr Energie braucht

b) der Kaffeegeschmack durchaus leiden kann.

Aber weiss man Bescheid, dann kann man auch das Einkalkulieren und bringt einen guten Espresso zustande.

Um das „Offset“ möglichst gering zu halten, wurde 1970 in Italien die gesättigte Brühgruppe erfunden. Denn bei der bei klassischen E61er-Kaffeemaschinen liegen der Boiler und die Brühgruppe weiter auseinander als bei den modernen Maschinen mit einer gesättigten Brühgruppe. Der längere Weg, den das Wasser bei E-61er Maschinen zurücklegen muss, lässt die Temperatur sinken und die Differenz zwischen Kessel und Brühgruppen-Temperatur (Offset-Temperatur) steigen.

Conclusion - meine Empfehlung

  • Für alle, die es unbedingt wissen möchten und EUR 1000,- verfügbar haben: Go for it! ;)

  • Für alle, die unbedingt was messen wollen, aber das nötige Kleingeld für so ein “Erektometer der Brühkunst” nicht haben, rate ich: Kauft euch die “Arme-Leute”-Variante eines Thermometers. Da gibt es zwei Möglichkeiten:

    1. Siebträger-Druckmesser. Das ist ein spezieller Siebträger, der mit einem Druckmessventil versehen ist und kostet rund EUR 130,-. Der zeigt neben dem Druck auch die Temperatur an. Aber natürlich nicht so präzise wie das oben erwähnte “Gadget”.

    2. Oder man macht es noch banaler und misst einfach während der Espressozubereitung mit einem Infrarot-Thermometer die Temperatur der Brühgruppe. Dann rechnet man die Differenz zwischen dieser Temperatur und der in der Maschine programmierten Kesseltemperatur aus - und schon hat man die Offset-Temperatur des eigenen Gerätes ;)

  • Allen anderen empfehle ich: investiert die EUR 1000,- in eine gute Kaffeemaschine bzw. gute Bohnen und eine präzise Mühle, dann habt ihr eine absehbare Schwankung von rund 2 Grad und könnt damit locker einen perfekten Espresso brauen.

Denn auch Hochpräzisionsgeräte rechnen natürlich die Umgebungs-Bedingungen mit ein. Beispiel: ist der Raum, in dem die Maschine steht warm oder kalt, dann beeinflusst/verfälscht das natürlich ebenfalls das Ergebnis. Auch oder eben gerade das eines Hochpräzisionsgeräts.

Und aus diesem Grund meine ich: Die Hauptsache ist nach wie vor, dass der Kaffee schmecken muss - egal, ob und wie man die Temperatur misst ;) Geübte Barista haben es ohnehin im Gefühl, ob die Brühtemperatur für die Bohne, die sie gerade zubereiten, stimmt oder nicht.

Das ist natürlich nur meine bescheidene Meinung - wir leben ja bekanntermaßen in einem freien Land.

Auf viele Gute Kaffees,

Euer Patrick Schönberger, euer Kaffeegreissler

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