In Zusammenhang mit Kaffee stelle ich oft fest, dass sauer mit bitter verwechselt wird, wenn der Kaffeegeschmack beschrieben bzw. zum Ausdruck gebracht werden sollen.

Tatsächlich ist es so, dass Kaffee beim Rösten Säure verliert und Bitterstoffe aufgebaut werden. Somit ist also beim Kaffeegenuss eine gleichzeitig extreme Säure bei gleichzeitig extremer Bitterkeit ein äußerst seltenes Phänomen - da muss Einiges schief laufen, wenn man so eine Geschmackserfahrung erleben muss ;).

Bei uns ist es im täglichen Sprachgebrauch oft üblich, Bitterkeit als Säure zu beschreiben. Tatsächlich ist es so, dass wir auf unserer Zunge Bitterkeit hinten schmecken und Säure beiderseits seitlich entlang der Zunge - z. B. beim Genuss von Zitrone oder Grapefruit.

 

Die 5 Arten der Bitterkeit

Kaffee-fachbegrifflich unterscheiden wir fünf Arten von Bitterkeit:

1. VERBRÜHTER KAFFEE - z. B. bei Verwendung von zu heißem Wasser. Durchaus auch bei Filterkaffee: brüht man mit mehr als 96° auf, so enthält der Kaffee sicherlich mehr Bitterstoffe.
 

2. VERBRANNTER KAFFEE - z. B. bei der Röstung verbrannt oder bei der Zubereitung direkt an der Brühgruppe der Espresso-Maschine.

3. ALTER KAFFEE. Überalteter Kaffee kann extrem bitter schmecken. Noch dazu muffig. Wann Kaffee zu alt ist, hängt grundsätzlich von der Bohne, der Qualität, der Mischung (Blend), der Verpackung (Einwegventil vs. "mit Nadel angestochene Packung") und der Lagerung ab.

Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass Kaffee bis ca. 7 Monate nach der Röstung seine volle Aromen und Geschmacksstoffe entfaltet und somit perfekt für den Verzehr ist. Danach baut er ab, da sämtliches CO2 (das bei der Röstung entsteht) ausgegast ist.
 

4. MANGELNDE HYGIENE. Verschmutzte Kaffeemaschinen sind wahrscheinlich in Österreich eine der häufigsten Ursachen für schlechten Kaffee. Leider wird da sowohl bei der Ausbildung als auch später im täglichen Café- bzw. Restaurant-Betrieb zuwenig Wert darauf gelegt.
Ein guter Barista reinigt und spült (innen!) seine Maschine mindestens einmal täglich. Und das gründlich. Milch-Lanzen-Pflege und Rückspülung inklusive!
In Australien z. B. geht man beim Schichtwechsel in der Gastro sogar so weit, dass der nächste Barista, der die Maschine übernimmt, 20 Minuten reinigt. In diesen 20 Minuten wird kein Kaffee ausgeschenkt. Die Leute lieben's trotzdem oder gerade deswegen: man steht Schlange um einen perfekten Espresso zu bekommen. In stets gleich guter Qualität. Da kann sich die österreichsiche Gastronomie noch einiges abschauen!

5. Äußerst DUNKEL GERÖSTETER KAFFEE - wie z. B. French Roasts oder Süditalienische Röstungen, die man in diesen Regionen (und tw. auch in USA) sehr gerne so trinkt, sind die einzige Variante von "bitterem Kaffee", der wünschenswert ist. Man erkennt sie sofort an der eher öligen äußeren Konsistenz der ganzen Bohne (siehe Foto rechts). Im nördlichen Europa wird dieses Röstverfahren generell als "für zu dunkel geröstet" eingestuft und daher findet man diese nur in italienischen Kaffeebars bzw. in den südlichen Teilen von Kroatien, Slowenien, Montenegro, Albanien, der Türkei, Griechendland sowie Bulgarien.

Zusammenfassend sei gesagt: Verbrüht, verbrannt, alt, mangelnde Hygiene sind die 4 Bitter-Arten, die man unbedingt meiden sollte. Nur die 5. Variante von "Bitter", nämlich die dunklen Röstungen, sind erwünscht!  Somit lautet unsere grundsätzliche Empfehlung für die Gründe 1, 2, 3 & 4: Augen auf und Hände weg!

Wir raten jedenfalls zu Trommelröstungen!

Was das heißt? Wenn Ihnen Kaffeegeschmack und Ihr Magen ;) wichtig sind, trinken Sie nur Kaffee, der wie folgt zubereitet wird - alles andere ist abträglich für Gesundheit und Geschmack:

Bei Trommelröstungen wird der Kaffee bei konstanter Temperaturentwicklung langsam in sogenannten Trommelröstern geröstet bis der gewünschte Röstgrad erreicht ist: hell (ca. 218° C) für einen eher säuerlichen und wenig bitteren Geschmack, dann immer dunkler (bis zu 225°C) für Kaffees mit bittererem Geschmack und niedrigem Säuregehalt - sog. süditalienische Flavours.

Traditionell dauert der Röstvorgang 12–18 Minuten bei maximal 225 Grad. Das sorgt für eine durchgängige Röstung der Bohne (das Innere der Bohne ist schön braun), verleiht den Espresso-Bohnen mehr geschmacklichen Körper und hinterlassen im Mund einen volleren Geschmack. Diese Methode sorgt für volle Entfaltung des Aromas bei kontrolliertem Säureabbau. Die Luftkühlung garantiert eine langsame Abkühlung der Bohnen. Somit steht dem perfekten Kaffeegenuss nichts mehr im Wege.

Spezial-Info für Espresso-Liebhaber
Espressobohnen werden dunkler geröstet als Bohnen für Filterkaffee. Dies ist notwendig, da sich bei der Zubereitungsart unter Druck im Vergleich zu herkömmlichen Methoden die natürliche Säure der Kaffeebohne überproportional schnell löst.

Achtung bei Industrieröstungen!
Hier werden die Bohnen bei ca. 450 Grad in 2 Minuten zubereitet. Daher schmeckt industriell gerösteter Kaffee oft „verbrannt“, säuerlich und ist nicht gut verträglich. Sie erkennen es daran, dass die Bohne außen dunkel ist und innen noch weiß (sog. „helleres“ Kaffeemehl). Trinken wir solchen Kaffee, bezeichnen wir ihn oft als "bitter".

Auch wird industriell keine Luftkühlung verwendet, sondern sogenanntes „Quenching“, sprich die frisch gerösteten Kaffeebohnen werden zur Kühlung mit Wasser besprüht und somit schnell abgekühlt. Beide Verfahren führen zu geschmacklichen Einbußen.
Achten Sie also beim Kauf Ihrer Bohnen auf traditionelle Trommelröstverfahren! Ihr Gaumen wird es Ihnen danken. Und ihr Magen auch. Jede Tasse ein Genuss!

In diesem Sinne: hoch die Tassen! 😉
Euer Kaffeeliebhaber Patrick Schönberger, Euer Kaffeegreissler

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